Bericht über die Aktivitäten von NeMA auf dem Zweiten Deutschen Sozialforum 2007 in Cottbus


Das Netzwerk gegen Militäreinrichtungen und deren Auswirkungen (NeMA) war auf dem 2. Sozialforum in Deutschland, das vom 18. bis 21. Oktober in Cottbus stattfand, mit insgesamt 3 Workshops und einem Infostand vertreten.

1. Workshop:
"Militärbasen in Europa – Basen für Krieg und Intervention"


2. Workshop:
"Europäische Frontstädte und der Widerstand gegen Militärstützpunkte"


3. Workshop:
"Die US-geführten Kriege vom deutschen Boden - eine Herausforderung für die deutsche Friedensbewegung"


Die Teilnehmer des Netzwerktreffens (Workshop 2) beschlossen, zukünftig enger zusammenzuarbeiten. Sie einigten sich darauf, einen europaweiten Aktionskalender zu erstellen um Planungen zu erleichtern und die Zusammenarbeit zu verbessern.


Falls Ihr Aktionen und Veranstaltungen plant, sendet bitte Eure Informationen und Termine an die folgende Adresse infoverteiler@nema-online.de

Die nächsten Termine sind:

1. Workshop "Militärbasen in Europa – Basen für Krieg und Intervention"

(Bericht Hannelore Tölke)
Referenten:
Hans von Sponeck, ehemals UNO Koordinator im Irak,
Tobias Pflüger, MdEP
Andrea Licata, Mitarbeiter des Instituts für Friedensforschung an der Universität Triest


Hans von Sponeck, der von 1998 bis 2000 UN-Koordinator im Irak war und aus Protest gegen die fortgesetzte Embargopolitik gegen den Irak zurücktrat, stellte fest, dass eine zunehmende Polarisierung in der Welt stattfindet. Die USA unterhalten weltweit ein Netzwerk von rund 1000 Militäreinrichtungen. Er appellierte an die Friedensbewegung Militäreinrichtungen nicht zu akzeptieren und forderte Druck auf die Regierungen zu machen und mit den Anwohnern gemeinsam vor den Militäreinrichtungen zu protestieren.
Der Protest müsse aber professioneller und sichtbarer werden, dazu seien Treffen und Konferenzen, auf denen Erfahrungen ausgetauscht werden und Strategien für den Widerstand und die Friedensarbeit entwickelt werden, wichtig.

Tobias Pflüger, MdEP, sagte, während die USA ein weltweites Netzwerk von Militäreinrichtungen unterhielten, bemühe sich auch die EU darum ein solches Netzwerk aufzubauen.
In Deutschland gibt es derzeit mehr als 70 US Militäreinrichtungen, darunter Ramstein Airbase, eine der wichtigsten Logistikdrehscheiben für den Irakkrieg, Spangdahlem Airbase, Grafenwöhr, der größte Truppenübungsplatz außerhalb den USA und Landstuhl, wo die US Armee, nach eigenen Angaben, ihr größtes und am besten ausgestattetes Militärkrankenhaus hat.
In Deutschland gibt es außerdem mehr als 20 Militäreinrichtungen der Britischen Armee, darunter den Flughafen Hannover Langenhagen, über den Kriegseinsätze für den Irak und Afghanistan abgewickelt werden.
Die meisten Einrichtungen der Bundeswehr werden gemeinsam mit der NATO oder den anderen EU-Staaten genutzt. So ist der Fliegerhorst Büchel eine NATO-Basis auf der US-Atomwaffen gelagert werden.
Darüber hinaus werden zahlreiche Flughäfen in Deutschland inzwischen zivil und militärisch genutzt, so der Flughafen Halle Leipzig auf dem 6 Antonow stationiert sind, mit denen Transporte in den Irak besorgt werden.
Militärbasen seien eine entscheidenden Grundlage für die Kriegführung.
Das Missile Defence System der USA, das in Polen und der Tschechien Republik stationiert werden solle, sei ein aggressives Waffensystem, das den USA den Erstschlag ermöglichen solle.

Andrea Licata, der am Friedensforschungsinstitut der Universität Triest tätig war und mit Friedensgruppen in Vicenza und Aviano arbeitet, ist Mitherausgeber des Buches “Vom Militärischen zum Zivilen - die preemptive Konversion der United State Air Force Base in Aviano, ein Forschungsprojekt“. Er wies in seinem Betrag auf die Rolle der Militäreinrichtungen bei der Militarisierung hin.
In den letzten Jahren wurden mehr als 8000 US Militäreinrichtungen geschlossen. Diese Schließungen sein aber keine Konversionen, sondern Teil der weltweiten Reorganisation von US Militärbasen. Die erfolgreiche Konversion einer Basis könne die Entwicklung der gesamten Region fördern. In Untersuchungen sei festgestellt worden, dass bis zu 4000 neue Arbeitsplätze nach einer Schließung durch die Konversion der Militäreinrichtung entstehen könnten.

2. Workshop "Europäische Frontstädte und der Widerstand gegen Militärstützpunkte" Berichte und Erfahrungsaustausch mit Aktivisten aus der Tschechischen Republik, Polen, Italien und Deutschland

(Bericht Ingo Klein)
Teilnehmer:
Maciej Konieczny (ATTAC-PL & Young Socialists Association)
und weiteren Betroffenen aus Polen,
Petr Glivický Tschechien (NE ZÁKLADNÁM),
Andrea Licata (Vicenza Italien),
Roland Brinckmann (Freie Heide/Bombodrom Deutschland),
Vertreter aus Ansbach, Offene Heide, Flughafen natofrei (Leipzig)
und Vertreter der Öffentlichkeit und der Parteien


Aktivisten aus Polen, der Tschechischen Republik, Italien und Deutschland berichteten über ihre Aktionen. Bei der Einführung berichtete Hans-Peter Richter (Deutscher Friedensrat) über die erste Weltkonferenz gegen Militärstützpunkte in Ecuador, eine Konferenz der Campaign for Nuclear Disarmement (CND) in London und das Treffen der europäischen Gruppen des Weltfriedensrates in Portugal, wo die Militärstützpunkte auch im Mittelpunkt des Interesses waren.
http://www.deutscher-friedensrat.de/
http://www.cnduk.org/


Roland Brinckmann (FREIeHEIDe/Bombodrom /Deutschland) berichtete über die Aktivitäten gegen einen Bombenabwurf-Übungsplatz 80 km nördlich von Berlin. Wegen des Widerstandes und vieler Gerichtsverfahren konnte die Initiative die Benutzung des Gebietes nunmehr 15 Jahre lang verhindern, der Kampf geht immer noch weiter. Die deutsche Luftwaffe hat nicht aufgegeben. Aber falls wirklich die Bombardierungsübungen losgehen sollten, werden viele Organisationen das Gebiet besetzen und die Bombardierung verhindern.
http://www.freieheide.de/

Andrea Licata (Italien) berichtete über den US Militärstützpunkt in Vicenza. Vicenza liegt im Nordosten von Italien und ist eine reiche und schöne Stadt, von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt. Nahe von Vicenza liegt der US Luftwaffenstützpunkt Aviano, der im Krieg gegen Jugoslawien benutzt wurde und jetzt gegen Afghanistan und den Irak. Als die USA beschlossen, den Luftwaffenstützpunkt zu erweitern, wurden die Bürger wütend und organisierten eine Großdemonstration. Die erfolgreiche Mobilisierung war möglich wegen der intensiven Informationsarbeit der Bürgerinitiative. Ein Jahr zuvor waren nur 600 Teilnehmer zur Demonstration gekommen, diesmal aber 200.000. Wichtig ist es auch, dass sie Alternativen zeigt. In einer ihrer Studien beweisen sie, dass durch die zivile Umgestaltung (Konversion) 4.000 neue Jobs geschaffen werden könnten.
http://www.altravicenza.it/

Maciej Konieczny (Coordinator - Young Socialists Association) aus Polen berichtete, dass keine polnische Partei (nur eine rechtsgerichtete) gegen den neuen Militärstützpunkt ist, aber 70 % der Bevölkerung. Auch nimmt dieses Problem bei den wichtigsten Problemen nur den Platz 10 ein. In den Orten rund um die neuen Militärstützpunkt machen die USA den Leuten viele Versprechungen (neue Wohnungen etc.). Die polnische Bewegung versucht eine Volksabstimmung zu erreichen.
http://www.stop-bazom-usa.pl

Aus der Tschechischen Republik berichtete Petr Glivický (NE ZÁKLADNÁM) Dort ist die Situation viel besser als in Polen. Im Parlament ist die Hälfte der Abgeordneten gegen das neue Radarsystem. Auch die Bewegung ist sehr aktiv. Zur selben Zeit wie das Sozialforum in Cottbus gab es ein Treffen gegen die US-Pläne in Breznice. 120 Delegierte aus 16 europäischen Ländern nahmen teil, 86 Bürgermeister und Aktivisten von internationalen Organisationen.
http://www.nezakladnam.cz/

Desweiteren brach eine Delegation aus dem Workshop heraus gleich direkt danach nach Tschechien auf um ihre Solidarität mit den von den Plänen eines US-Raketenabwehrsystems betroffenen Orten zu zeigen.
Treffen in Breznice & Bilder

Ein weiterer Bericht aus Deutschland kam aus Leipzig(Ingo Klein). Dort ist seit 2006 eine Gruppe von 8 bis 10 Menschen gegen die militärische Nutzung des Flughafens aktiv. Leipzig wurde ein großer Transport-Umschlagsplatz für Bundeswehr, NATO und USA. Dort sind jetzt 6 riesige Transportflugzeuge (Antonov) stationiert, die großes Militärgerät in alle Welt bringen. Außerdem machen dort täglich bis zu 3000 amerikanische GIs Zwischenhalt auf den Flügen USA <-> Irak oder Afghanistan. Der Flughafen soll weiterhin zu militärischen Zwecken ausgebaut werden. Aktivisten aus Leipzig gründeten die Initiative "Flughafen Natofrei!". Sie organisieren öffentliche Mahnwachen, Demonstrationen, Transparentaktionen, Friedensgebete in der Stadtkirche, Anfragen an Parlamente und jetzt eine Wanderausstellung zum Thema, die man auch auf dem Sozialforum sehen konnte).
http://www.flughafen-natofrei.de

Es meldeten sich auch Vertreter aus Ansbach und der Offenen Heide zu Wort.
http://ansbacher-appell.gratis-webspace.de
http://www.offeneheide.de/

Wir hörten auch viele Einzelheiten der praktischen Arbeit in Polen, der Tschechischen Republik, Italien und beschlossen, Verbindungen untereinander aufzubauen und auch zum Welt-Netzwerk.
Das Problembewusstsein wegen der Militärstützpunkte wächst weltweit.
Alle Teilnehmer in Cottbus beschlossen, zusammen zu arbeiten.
Wir wollen eine europaweite Terminliste anregen (einschließlich 2008), damit die Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung besser planbar wird. Bitte sendet uns Eure wichtigsten Termine auch für das kommende Jahr an die folgende Adresse infoverteiler@nema-online.de
Die nächsten Termine sind:

3. Workshop "Die US-geführten Kriege vom deutschen Boden - eine Herausforderung für die deutsche Friedensbewegung"

(Bericht Hans-Peter Richter)
Teilnehmer:
Elsa Rassbach, American Voices Abroad (AVA)
Joachim Guilliard, Antikriegsforum Heidelberg


Die Initiative "American Voices Abroad - Military Project" berichtete über den Charakter des US Militärsystems. In den USA gibt es keine Wehrpflicht, aber das System als Berufsarmee zu bezeichnen ist auch falsch, denn das US Militär besteht zum großen Teil aus jungen Männern, die keine andere Alternative für sich sahen als zum Militär zu gehen, weil sie sonst keinen anderen Job bekamen, oder die US-Staatsbürgerschaft bekommen wollen, oder sie wollen sich anschließend das Studium vom Staat bezahlen lassen. Deswegen müsste man die Armee als "Job-Armee" bezeichnen.
Diese jungen Leute bekommen meist einen Vertrag für 8 Jahre, mit 4 Jahren aktivem Dienst und in diesem mehrmalige 12-monatige Fronteinsätzen. Neulich wurden die Fronteinsätze auf je 15 Monate verlängert. Viele Soldaten, die von den Kampfzonen zurückkehren, sind traumatisiert und wollen das Militär verlassen, viele wurden sogar Pazifisten. Aber nur in seltenen Fällen werden sie als Kriegsdienstverweigerer anerkannt. Im Gegenteil, die Verträge werden jetzt über die vier Jahre hinaus verlängert, und das gegen den Willen der Soldaten. Auf diese Weise wächst die Zahl der Gegner dieses Systems beim Militär. Deswegen denkt die Initiative: es lohnt sich, die Soldaten direkt anzusprechen und ihnen Beratungsinformationen, wie die GI Rights Hotline, zu geben und auch Freundschaft anzubieten. Zur Zeit des Vietnamkriegs ist das US-Militärsystem zum Teil durch Desertation und Widerstand von innen zersetzt worden.

Neben Ramstein, Spangdahlem, Grafenwöhr und Landstuhl ist Heidelberg sehr wichtig als Zentrum der Kriegsführung. Hier arbeiten 4.000 Soldaten und 7.100 Zivilangestellte für das US-Militär. Heidelberg beherbergt neben mehreren anderen Hauptquartieren, das des V. US Armeekorps. Dieses stellte z.B. das Gros der Truppen für den Sturm und die Zerstörung Fallujas. Der Heidelberger Oberkommandierende General Sanchez war damals auch der Oberkommandierende der Besatzungstruppen im Irak. Er gilt auch als einer der Hauptverantwortlichen für die Folter in Abu Ghraib. Er war damals Oberkommandierende der Besatzungstruppen im Irak.